Stoizismus Definition – ein moderner Versuch

Wie kann man Stoizismus definieren? Ein realistischer Versuch von Guido Bellberg

Stoizismus Definition – die Kurzfassung

Ich versuche mich einmal an der kürzest möglichen Definition, von der ich hoffe, dass sie auch für Menschen, die sich noch nie mit Stoizismus beschäftigt haben, verständlich ist:

Stoizismus ist eine antike hellenistische Philosophie, die sich damit beschäftigt, wie der Mensch glücklich und gelassen werden kann. Stoizismus ist eine Tugendethik, die von einem deterministischen Kosmos ausgeht, der “natürlicherweise” durch Logos, Ratio und Tugend bestimmt ist. Wenn der Mensch sich nun – seiner Natur gemäß – mit dem universellen Logos (der auch den Göttern, Zeus, der Natur entspricht) in Einklang bringt, wird er “gottgleich” gelassen und glücklich. Stoizismus umfasst die Bereiche Logik, Physik und Ethik und geht davon aus, dass im Prinzip jeder Mensch zur Ratio fähig ist, auch wenn er das “richtige Denken und Fühlen” erst einmal üben muss. Als echte Lebensphilosophie schaut Stoizismus sehr klar auf die Realität, das, was wirklich ist, und versucht den Menschen von Irrglauben, negativen (nicht positiven!) Gefühlen und schädlicher Irrationalität zu befreien. Stoizismus wurde im Abendland vom Christentum abgelöst, ist aber weiterhin lebendig und erlebt zur Zeit wieder eine tolle Renaissance. Gerade in unseren Zeiten gibt es wieder sehr viele gute Gründe, sich mit Stoizismus zu beschäftigen.

Schauen wir doch einmal, was ich selbst in meinem Buch geschrieben habe:

Stoizismus Definition – so steht es im Buch

Die folgende Stoizismus Definition ist ein Originalauszug aus meinem Buch “DER WILDE STOIKER. Moderner Stoizismus für ein gutes Leben”, das Du auf Amazon kaufen kannst.


Stoizismus Definition: was genau ist Stoizismus?

Im allwissenden Internet fand ich, auf einer meiner Lieblingsseiten, dem Urban Dictionary, folgende Definition: „Stoiker – jemand, der keinen Scheiß auf die dummen Dinge in der Welt gibt, die den meisten Menschen so wichtig sind. Stoiker haben Emotionen, aber nur für die Dinge auf dieser Welt, die wirklich wichtig sind. Sie sind die „real-sten“ Menschen, die es gibt.“ Wobei „real“ Englisch auszusprechen ist, einfach weil wir so street sind.
Diese Definition ist schon gar nicht schlecht, ich habe trotzdem einen Gegenvorschlag: Stoizismus ist ein umfassendes philosophisches System, das einerseits die Welt, so wie sie ist, erklären kann, und uns andererseits in die Lage versetzen soll, das Beste aus uns selbst und dieser Welt zu machen. Geht doch.

[Übersetzung des Autors. Im Original: “Someone who does not give a shit about the stupid things in this world that most people care so much about. Stoics do have emotions, but only for the things in this world that really matter. They are the most real people alive.“]

Ich fasse einmal im Schnelldurchlauf zusammen, womit wir uns unter anderem beschäftigen, wenn wir Stoizismus studieren:

Tugend und Moral

Ethik, Moral und Tugendhaftigkeit sind zentrale Bestandteile der stoischen Philosophie und Stoizismus wird wissenschaftlich zu Recht gerne als „Tugendethik“ beschrieben. So ist eine der zentralen Thesen der alten Stoiker, dass Tugendhaftigkeit alleine ausreichend ist, um ein glückliches und sinnvolles Leben zu führen.

Indifferenten

Im Stoizismus wird oft von „Externalitäten“ oder „Indifferenten“ gesprochen – Dinge oder Geschehnisse, die unserem direkten Einfluss entzogen sind. Diese Externalitäten sind weder gut noch schlecht, sie sind einfach, die Wertung nehmen wir selbst vor, genau das meint „indifferent“. Das Beschäftigen mit dem, was wir unter Kontrolle haben und dem, was wir nicht kontrollieren können, ist ein Kernelement von Stoizismus, die so genannte „Dichotomie der Kontrolle“.

Stoische Spiritualität

Stoizismus hat eine starke spirituelle Seite. So glaubten die antiken Stoiker – und viele moderne sehen das ganz ähnlich – an ein vorbestimmtes Universum, das „natürlichen“ Gesetzen gehorcht, räumten dem Menschen aber dennoch eine Art freien Willen ein. Das Vereinen dieses freien Willens mit dem grundsätzlichen stoischen Determinismus, also der „kosmischen Vorbestimmung“, ist Bestandteil einer schon sehr lange andauernden Diskussion, keineswegs nur unter Anhängern des Stoizismus. Auch darüber werden wir noch genauer sprechen.

Der stoische Weise

Um stoische Prinzipien zu illustrieren wird gerne vom „stoischen Weisen“ gesprochen, einem Wesen, das wahrhaft frei und immun gegen menschliche Wirrungen sei und alle stoischen Prinzipien perfekt umsetze.
Viele Menschen, darunter ich, glauben, dass dieser Weise am besten als Vorbildfunktion zu sehen ist, weniger als ein Zustand, der für uns oder irgendjemand sonst wirklich erreichbar wäre.
In der Antike waren einige Stoiker allerdings der Meinung, dass Sokrates eine perfekte Verkörperung dieses Ideals war und Seneca sprach angeblich Cato ebenfalls dieses größte denkbare Lob zu. Guter alter Cato.
Für unsere tägliche Entwicklung als Stoikerin oder Stoiker reicht es hingegen völlig aus, wenn wir den stoischen Weisen einfach als Illustration dessen sehen, was vielleicht erreichbar ist, vielleicht aber auch nicht.

Gestern und heute

Über die Jahrhunderte stieß die stoische Philosophie auf zahlreiche Widerstände und – zum Teil wohlmeinende – Kritiker, bekanntestes Beispiel ist wohl Cicero. Mit dem Erstarken des Christentums rückte der Stoizismus zur Seite, allerdings wurden viele ursprünglich stoische Gedanken in anderen Philosophien und Religionen, auch dem Christentum, übernommen.
Ein deutliches Wiedererstarken erfuhr Stoizismus als Neostoizismus im sechzehnten Jahrhundert und erneut seit dem späten zwanzigsten Jahrhundert in Form des „Modernen Stoizismus“.
Sein Einfluss auf bedeutende Denker und Kreative ebenso wie auf verschiedene Wissenschaften, etwa die Verhaltenspsychologie oder die Grammatik, kann kaum überschätzt werden.
Stoizismus lebt also munter weiter und wir bewegen uns durch spannende Zeiten. Als Stoikerin oder Stoiker sind wir Bestandteil einer sehr langen Reihe von Gleichgesinnten, egal, ob wir damit gerade dem kulturellen Mainstream angehören oder eine Außenseiterrolle einnehmen. Wir befinden uns in jedem Fall in bester Gesellschaft.

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