Lügen und absichtliches Missverstehen (#177)

Lügen und absichtliches Missverstehen des gegenübers sind die große Modeerscheinung unserer Zeit. Im Prinzip jeder woke Artikel und jede aufgeregte Diskussion werden von ihnen bestimmt. Zeit, endlich mit dem Quatsch aufzuhören. Jedenfalls wenn wir glücklich werden wollen.

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Ich schaue in meine eigene Übersetzung der „Selbstbetrachtungen“ von Marcus Aurelius, dem ehrlichsten Kaiser, den wir je hatten.

😉

Außerdem: Ein kurzer Seitenhieb auf die gute alte Eifersucht und die Frage einer Hörerin.

Zitate von Marcus Aureius aus den „Selbstbetrachtungen“ in diesem Podcast:

Buch I
9.

Von Sextus erhielt ich eine wohlwollende Gesinnung, das Beispiel einer väterlich geführten Familie und die Idee einer naturgemäßen Lebensführung. Ich lernte Ernsthaftigkeit ohne Vortäuschung und mich sorgfältig um die Interessen meiner Freunde zu kümmern und Ignoranten genauso zu tolerieren wie solche Leute, die sich ohne Nachdenken Meinungen bilden.

Buch II
8.

Dadurch, dass er nicht versteht, was im Geist eines anderen vorgeht, wird nur selten ein Mensch unglücklich. Aber diejenigen, die die Regungen ihres eigenen Geistes nicht beobachten, sind zwangsläufig unglücklich.

Buch IV
3.

Der Mensch sucht Rückzugsorte, Landhäuser, Küsten und Berge, und auch du hast die Angewohnheit, solche Dinge sehr zu begehren. Aber das kennzeichnet die gewöhnlichsten Menschen, denn es liegt in deiner Macht, dich in dich selbst zurückzuziehen, wann immer du dich dazu entschließt. Denn der Mensch zieht sich nirgendwohin ruhiger und freier von Sorgen zurück als in seine eigene Seele. Besonders wenn er in sich die Art von Gedanken trägt, die ihn beim Betrachten sofort in vollkommene Ruhe versetzen – und ich sage, dass Ruhe nichts anderes ist als die gute Ordnung des Geistes.

Also gönne dir diesen Rückzug regelmäßig, erneuere dich und lass deine Grundsätze kurz und grundlegend sein. Grundsätze, die – sobald du auf sie zurückkommst – ausreichen, um die Seele vollständig zu reinigen und dich frei von aller Unzufriedenheit mit den Dingen, zu denen du zurückkehrst, zurückzusenden. Denn womit bist du unzufrieden? Mit der Schlechtigkeit der Menschen? Ruf dir diese Schlussfolgerung wieder in Erinnerung, dass vernünftige Wesen füreinander da sind, dass das Aushalten [deiner Mitmenschen] Teil der Gerechtigkeit ist und dass Menschen unfreiwillig Unrecht begehen. Bedenke, wie viele bereits gestorben sind und nach gegenseitiger Feindschaft, Misstrauen, Hass und Kämpfen zu Asche reduziert wurden, und sei endlich still.
Aber vielleicht bist du unzufrieden mit dem, was dir das Universum zugeteilt hat. Bedenke diese Alternative: Entweder gibt es Vorsehung oder Atome57. Oder gedenke der Argumente, mit denen bewiesen wurde, dass die Welt eine Art politische Gemeinschaft ist [und sei endlich still].

Aber vielleicht werden immer noch körperliche Dinge an dir anhaften. Bedenke dann, dass – egal ob man sich langsam oder schnell bewegt – sich der Geist nicht mit dem Atem vermischt, wenn er sich erst einmal zurückgezogen und seine eigene Kraft entdeckt hat, und denk auch an alles, was du über Schmerz und Lust gehört und dem du zugestimmt hast [und sei endlich still].
Aber vielleicht wird dich das Verlangen nach Ruhm quälen. Sieh, wie schnell alles vergessen ist, und schau auf das Chaos unendlicher Zeit auf beiden Seiten [der Gegenwart]58 und die Leere des Applauses und die Wechselhaftigkeit und Urteilsleere bei denen, die so tun, als ob sie loben, und die Enge des Raumes, in dem alles begrenzt ist [und sei endlich still]. Denn die gesamte Erde ist ein Punkt, und wie klein darin ist dein Schlupfwinkel, deine Behausung, und wie wenige darin leben und was für Menschen es sind, die dich preisen werden.

Dann bleibt das: Erinnere dich daran, dich in dein kleines Gebiet zurückzuziehen und dich vor allem nicht abzulenken oder anzustrengen, sondern frei zu sein, und die Dinge als Mann, als Mensch, als Bürger, als Sterblicher zu betrachten. Aber lasse unter den naheliegendsten Dingen, denen du dich zuwenden solltest, diese zwei sein: erstens, dass die Dinge die Seele nicht berühren, weil sie äußerlich sind und unbeweglich bleiben und unsere Beunruhigungen nur von der Meinung herrühren, die in uns ist. Zweitens, dass all diese Dinge, die du betrachtest, sich umgehend ändern und nicht mehr sein werden. Und denk ständig daran, wie viele dieser Veränderungen du bereits erlebt hast. Das Universum ist Transformation, das Leben ist Meinung.

4.
Wenn uns unser intellektueller Teil gemeinsam ist, dann ist uns auch die Vernunft gemeinsam, die uns zu rationalen Wesen macht. Wenn dies so ist, so ist uns auch die Vernunft gemeinsam, die uns sagt, was wir tun und was wir lassen sollen. Wenn dies so ist, so gibt es auch ein allgemeines Recht. Wenn dies so ist, sind wir Mitbürger. Wenn dies so ist, sind wir Mitglieder einer politischen Gemeinschaft. Wenn dies so ist, dann ist die Welt auf gewisse Weise ein einziger Staat.60
Denn von welcher anderen gemeinsamen politischen Gemeinschaft könnten wir sagen, dass die ganze Menschheit Mitglied ist? Und von dort, von dieser gemeinsamen politischen Gemeinschaft, kommen auch unsere eigentlichen intellektuellen Fähigkeiten, unser Urteilsvermögen und unsere Fähigkeit zum Gesetz – oder woher sollten sie sonst stammen?

Buch V
3.

Beurteile jedes Wort und jede Tat, die der Natur gemäß sind, als passend für dich. Lass dich nicht durch Beschuldigungen ablenken, die von irgendwelchen Leuten kommen, noch von ihren Worten, sondern wenn es gut ist, etwas zu tun oder zu sagen, halte es nicht für unwürdig für dich. Denn diese Personen haben ihre eigene Lebensmaxime und folgen ihren eigenen Regungen, die dich nichts angehen. Geh stattdessen geradeaus, deiner eigenen und der allgemeinen Natur folgend – und der Weg beider ist eins.

20.
In einer Hinsicht sind mir die Menschen am nächsten, insofern nämlich, als ich den Menschen Gutes tun und sie ertragen muss. Aber in den Fällen, in denen einige Menschen sich zu Hindernissen für meine eigenen richtigen Taten machen, wird mir der Mensch gleichgültig87 – genau wie Sonne, Wind oder ein wildes Tier. Es stimmt zwar, dass diese Leute mein Handeln erschweren können, aber sie sind keine Hindernisse für meine Affekte und meine Gemütsart, denn diese haben die Kraft, unter Vorbehalt88 und verändernd zu handeln. Denn der Geist überführt und verwandelt jedes Hindernis bei seiner Tätigkeit in ein Hilfsmittel, und so wird das, was ein Hindernis ist, zur Unterstützung einer Handlung und das, was ein Hindernis auf dem Weg ist, hilft uns auf diesem Weg.

Buch VI
59.

Was sind das für Leute, denen die Menschen gefallen wollen – und für welche Ziele und durch welche
Handlungen? Wie bald schon wird die Zeit alle Dinge verdecken, und wie viele hat sie bereits verdeckt.

Buch IX
29.

Die universale Ursache ist wie ein Wildwasser im Winter, sie trägt alles mit sich fort. Aber wie wertlos sind all diese armen Leute, die sich mit politischen Dingen beschäftigen und, wie sie glauben, den Philosophen spielen! Allesamt Schwätzer.